Hamburg - Die Friedensforscherin Julia Strasheim sieht aktuell noch keine Basis für Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. "Wir sind noch weit entfernt von einem nachhaltigen Friedensprozess und davon, dass die Ursachen des Konflikts aufgearbeitet und Lösungen gesucht werden", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitagausgabe).

Solange Russland glaube, seine Ziele mit militärischen Mittel erreichen zu können, werde es keine ernsthaften Gespräche geben, so die Programmleiterin Europa und internationale Politik der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung in Hamburg. Strasheim reagierte damit auf das ergebnislose Gespräch zwischen dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. "Die Friedensforschung sagt uns: Verhandlungen und Gespräche zwischen zwei Seiten, die beide Maximalpositionen vertreten, führen dann zum Ziel, wenn sich beide Seiten in einer Pattsituation befinden, die schmerzhaft für sie ist, die sie zwingt zu erkennen, dass Gewalt nicht die gewünschten Ergebnisse bringt. Und davon ist man ja derzeit in der Ukraine ganz weit entfernt." Waffenlieferungen und Wirtschaftssanktionen seien ein Weg, ein Patt herbeizuführen, so Strasheim weiter. Man müsse aber auch sehen, dass diese Druckmittel nicht kurzfristig wirkten, sondern mittelfristig. "Auch beenden sie einen Krieg nicht automatisch, sondern können ihn auch verlängern und verschärfen." Strasheim prognostizierte, es werde keine Lösung morgen geben und auch nicht in den nächsten Wochen. Sie verwies auf das Beispiel Kambodscha und hob hervor: "Dort begannen diplomatische Gespräche 1980, ein Friedensvertrag wurde 1991 geschlossen. Und auch danach war die Gewalt nicht überall beendet." Strasheim bezeichnete es zugleich als gut, dass Gesprächskanäle offen bleiben. "Diese frühen Gespräche können spätere Verhandlungen vorbereiten. Die Kriegsparteien lernen, miteinander zu reden, sie lernen Befehlsketten der anderen Seite zu durchblicken, sie einigen sich auf Prozesse."

Weitersprechen sei das höchste Gebot. Als mögliche Vermittler nannte die Friedensforscherin China, Israel und die Türkei. Möglich seien aber auch mehrere Vermittler, "oder es schalten sich internationale Organisationen ein, beispielsweise die Vereinten Nationen oder die OSZE".

Foto: Flagge der Ukraine (über dts Nachrichtenagentur)

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