Berlin - Die Baugewerkschaft IG BAU und der Deutsche Mieterbund schlagen angesichts der sinkenden Anzahl an Sozialwohnungen in Deutschland Alarm und fordern eine breite Steuerreform. "Die Wohnungsnot ist tickende Zeitbombe", sagte Robert Feiger, Bundesvorsitzender der IG BAU, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).
"In der Wohnungssituation, die wir haben, steckt enormer sozialer Sprengstoff." Der Staat habe beim sozialen Wohnungsbau das "soziale Gewissen verloren", kritisierte Feiger. Laut Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, müssten pro Jahr 100.000 Sozialwohnungen neu gebaut werden. Der Bund unterstützt die Bundesländer derzeit bereits mit einer Milliarde Euro pro Jahr. Das reiche nicht, kritisierte der Mieterbundspräsident. "Um überhaupt Investoren zu finden, muss man ungefähr 60.000 Euro pro Sozialwohnung an Förderung anbieten. Umgerechnet auf 100.000 Sozialwohnungen, die wir pro Jahr benötigen, ergibt sich ein Fördervolumen von sechs Milliarden Euro", sagte Siebenkotten den Funke-Zeitungen. In einem Positionspapier der IG BAU, das vom Mieterbund unterstützt wird und über das die Funke-Zeitungen berichten, spricht sich die Gewerkschaft für eine breite Steuerreform aus. Der Mehrwertsteuersatz für den sozialen Wohnungsbau müsse dauerhaft von derzeit 19 auf künftig sieben Prozent gesenkt werden. Das Förderpotenzial, das durch die Steuersenkung erzielt werden könnte, entspreche einem Zuschuss in Höhe von zehn Prozent, heißt es in dem IG-BAU-Papier. Zudem müsse der soziale Wohnungsbau von der Grunderwerbsteuer befreit werden. Lukas Siebenkotten formulierte das Ziel, perspektivisch fünf Millionen Sozialwohnungen in Deutschland zu haben. Derzeit sind es rund 1,1 Millionen Sozialwohnungen. "Die Sozialwohnung kann nur mit einem Wohnberechtigungsschein bezogen werden. Auf den haben rund 8,8Millionen Mieterinnen und Mieter und damit etwa 40 Prozent der Mieterhaushalte einen Anspruch. Mit der Forderung nach fünf Millionen Sozialwohnungen liegen wir also noch unter dem, was wir bräuchten, um jeder berechtigten Mieterin und jedem Mieter ein Angebot unterbreiten zu können", sagte Siebenkotten. IG-BAU-Chef Feiger forderte, den Fokus anstatt auf das Wohngeld stärker auf den Wohnungsbau zu richten. "Je mehr Wohngeld, desto glücklicher macht der Staat Vermieter", sagte Feiger. "Um das Problem wirklich zu lösen und dem Staat auf Dauer Geld zu sparen, müssen mehr Sozialwohnungen gebaut werden." Feiger warnte davor, dass einkommensschwächere Menschen zunehmend aus den Städten verdrängt würden.
Foto: Klingel an einer Wohnung (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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