Berlin - Die IG Metall sieht die Tarifpartner mit der Rekordinflation überfordert. "Einen solchen externen Preisschock können die Tarifpartner nicht allein auffangen, dafür braucht es einen staatlichen Ausgleich", sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Montagsausgabe).
Die IG Metall wolle und werde in der aktuellen Stahl-Tarifrunde "einen ordentlichen Lohnabschluss erzielen". Hofmann schränkte jedoch zugleich ein: "Alles andere wäre aber unrealistisch und auch nicht gut." Weil diese Inflation und die Energiekrise "keine marktwirtschaftlichen Ursachen haben, sondern geopolitische", könnten Lohnerhöhungen sie nicht ausgleichen. Die IG Metall fordert einen Gaspreisdeckel, eine Besteuerung übermäßiger Krisengewinne und ein weiteres Entlastungspaket, das bis 2023 wirkt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte vor weiteren Hilfsmaßnahmen eine "konzertierte Aktion" mit Arbeitgebern und Gewerkschaften angekündigt. Im Bundestag lobte er ausdrücklich den Weg der Chemieindustrie: IG BCE und Arbeitgeber haben ihre Tarifverhandlungen im April bis Oktober unterbrochen und sich bis dahin auf eine Einmalzahlung von 1.400 Euro geeinigt. Hofmann hält Einmalzahlungen dagegen für untauglich, weil sich die Lebenshaltungskosten dauerhaft auf einem höheren Niveau einpendeln würden. "Wirksamer als Einmalzahlungen wären sicher mittelfristig wirkende Maßnahmen wie ein Gaspreisdeckel", sagte er der WAZ. Auch in der Stahlindustrie setzt der IG-Metall-Chef daher auf tabellenwirksame Erhöhungen: Die Gewerkschaft fordert 8,2 Prozent mehr für zwölf Monate.
Die Arbeitgeber hatten am Freitag 4,7 Prozent für eine Laufzeit von 21 Monaten angeboten. Hofmann kritisierte das als "bei der Prozentzahl deutlich zu gering und in der Laufzeit zu lang". Er erwarte, "dass die Arbeitgeber in sich gehen, sich noch einmal ihre glänzenden Bilanzen vergegenwärtigen und dann ein Angebot vorlegen, das die Beschäftigten wirklich fair am Erfolg beteiligt", sagte er und drohte: "Sonst wird es ungemütlich." Die Stahlindustrie profitiere vom russischen Krieg in der Ukraine, nach dessen Beginn seien die Stahlpreise auf ein Allzeithoch gestiegen.
Foto: Stahlproduktion (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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