Berlin - Die Zahl der Ermittlungen wegen gefälschter Impfpässe steigt deutlich und hat die Zahl von mehr als 11.000 erreicht. Das berichtet die "taz" in ihrer Montagausgabe unter Berufung auf eine Umfrage unter allen deutschen Landeskriminalämtern (LKA).

Zugleich geht die Polizei von einer hohen Dunkelziffer aus. Erst vor einer Woche hatte das Magazin "Business Insider" noch eine ähnliche Umfrage durchgeführt und erst mindestens 6.543 Verfahren gezählt. Allein das LKA Bayern ermittelt laut der "taz"-Umfrage in 3.070 Fällen zu gefälschten Impfpässen, Anfang September gab es dort erst 110 solche Fälle. In Nordrhein-Westfalen werden 2.495 Fälle gezählt, knapp die Hälfte davon seit Ende November.

In Berlin sind es 1.028 Fälle, in Hessen und Baden-Württemberg eine Zahl im "unteren vierstelligen Bereich", in Rheinland-Pfalz 727 Fälle, in Hamburg 720. Und selbst im bevölkerungsarmen Schleswig-Holstein wird zu 550 Fällen ermittelt - zwei Drittel davon fielen in den letzten vier Wochen an. Man gehen von einem großen Dunkelfeld aus, gehe aber jedem Hinweis nach und ermittle "konsequent bei jeden Verdachtsfall", heißt es von Seiten des sächsischen LKA. In einem internen Lagebild des Bundesinnenministeriums wird davon ausgegangen, dass sich die Nachfrage nach gefälschten Impfpässen aufgrund der verschärften Infektionsschutzmaßnahmen "auf einem höheren Niveau einpegeln" werde. Zudem wird eingeräumt, dass die Ausweise "leicht zu fälschen" seien, da sie "keine Sicherheitsmerkmale" enthielten. Problematisch seien auch "fehlende Prüfansätze", um bei der Erstellung digitaler Impfzertifikate, zumeist in Apotheken, Fälschungen zu entdecken.

Das Berliner LKA verweist darauf, dass die Fälschungen nicht nur bei Telegram, sondern auch bei Whatsapp oder ebay-Kleinanzeigen zum Kauf angeboten würden, zu Preisen zwischen 50 und 350 Euro. Digitale Nachweise seien teurer als die gelben Papier-Impfbücher. Auf ebay-Kleinanzeigen werden auch Blanko-Impfpässe für 4 Euro pro Stück angeboten, "ganz legal", wie es in der Beschreibung heißt. Lange war die Nutzung gefälschter Impfpässe straffrei, erst seit Ende November drohen eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe, für diejenigen, die solche Ausweise etwa in einer Apotheke vorlegen.

Für einen "gewerbsmäßigen" Handel kann es bis zu fünf Jahre Haft geben. Viele Landeskriminalämter veröffentlichten zuletzt Warnkampagnen mit Hinweisen auf diese Strafen. Seit etwa einer Woche erhalten die Apotheker bei der Überprüfung von Impfpässen Hilfe vom Paul-Ehrlich-Institut, das die Impfstoffe für Impfzentren und Arztpraxen freigibt. Bei der Ausstellung digitaler Impfausweise können sie über einen Zertifikatsserver prüfen, ob die im Impfpass genannte Chargennummer tatsächlich ausgegeben und in besagtem Zeitraum verimpft wurde.

Auch die Polizei kann inzwischen auf der internen Plattform Extrapol Chargennummern auf Echtheit überprüfen. Inzwischen seien Polizeikräfte "speziell, ausgebildet, um Fälschungen zu erkennen", betont das LKA Bayern gegenüber der "taz". Im Saarland werden die Fälschungsfälle inzwischen zentral in einem Dezernat ermittelt. Die Polizeibehörden hoffen auch durch die verstärken Kontrollen der Corona-Zugangsregeln das Dunkelfeld "aufzuhellen".

Die Zahl der Ermittlungen nach Bundesländern laut "taz"-Umfrage: Berlin: 1.028 Ermittlungsfälle in Zusammenhang mit gefälschten Impfausweisen, Bayern: 3.070, Rheinland-Pfalz: 727, Baden-Württemberg: niedrig vierstellig, Nordrhein-Westfalen: 2.495, Saarland: niedrig zweistellig, Sachsen: 126, Sachsen-Anhalt: 115, Brandenburg: 232, Mecklenburg-Vorpommern: 119, Niedersachsen: hoch dreistellig, Hamburg: 720, Bremen: 185, Schleswig-Holstein: 550, Thüringen: 293, Hessen: niedrig vierstellig.

Foto: Impfpass mit Eintrag einer Biontech-Impfung gegen Corona (über dts Nachrichtenagentur)

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