Berlin - Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer wendet sich dagegen, den "politischen Islam" zu kriminalisieren. Solange die Gesetze eingehalten werden, müsse politische Betätigung auf islamischer Grundlage erlaubt sein, sagte die Berliner Professorin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Bestrebungen, wie es sie in Österreich gab, einen eigenen Straftatbestand "politischer Islam" einzuführen, bezeichnete sie als "abwegig" und als "Politikmache", solange nicht präzise definiert werde, was unter "politischem Islam" zu verstehen sei. "Prinzipiell ist ja schon das Einbringen islamischer Argumente beispielsweise beim Umweltschutz oder bei der Waffenproliferation politisch." Die Verwendung des Begriffs "politischer Islam" als Bezeichnung für demokratiegefährdende Aktivitäten von Muslimen wird immer wieder kritisiert. Krämer sagte der FAZ, sie halten den Begriff grundsätzlich für "hilfreich und berechtigt" - und zwar "immer dann, wenn man deutlich machen möchte, dass nicht vom `Islam an sich` im Sinn einer religiös-kulturellen Orientierung die Rede ist, sondern der Islam als politische Kraft verstanden wird und in die Politik eingebracht werden soll".

Zugleich forderte sie eine genaue Unterscheidung der Phänomene. So wendet Krämer sich gegen die Gleichsetzung der Begriffe "islamischer Fundamentalismus", "Islamismus" und "politischer Islam". Den Unterschied bringt sie auf die Formel: "Fundamentalismus - wie lese ich den Koran? Islamismus - wie gestalte ich mein Leben? Politischer Islam - wie verhalte ich mich politisch?" Dass das zu kompliziert sein könnte, ließ sie nicht gelten: "Wenn wir die deutsche Politik beschreiben, bemühen wir uns ja auch um Präzision und Differenzierung. Wir bezeichnen beispielsweise nicht jeden Grünen-Politiker als radikal."

Mit Blick auf die Aktivitäten muslimischer Organisationen in Deutschland sagte Krämer, es sei prinzipiell "nichts Illegitimes dabei, den Islam auch in politische Themen einzubringen" - solange nicht Gewalt eingesetzt wird oder Gesetze verletzt werden. "Wenn eine islamische Politik sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt und sozusagen die Parallele zu einer christlichen Politik bildet, dann ist das aus meiner Sicht legal und legitim." Eine missbräuchliche Ausnutzung des Rechtsrahmens könne man natürlich nicht in jedem Fall ausschließen, sagte Krämer der Zeitung. Sie beharrte aber darauf, die deutsche Gesellschaft sei stark genug, dagegenzuhalten, wenn Muslime konservative Vorstellungen durchsetzen wollten, beispielsweise beim Schulunterricht für Mädchen.

"Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen: Wenn jemand gerne ein Kalifat in der Bundesrepublik hätte, soll er oder sie doch dafür werben - solange das Kalifat nicht das Grundgesetz aushebeln soll. Andere wollen die Monarchie wieder einführen, die stellen wir auch nicht gleich vor Gericht", sagte Krämer der FAZ.

Foto: Gläubige Muslime beim Gebet in einer Moschee (über dts Nachrichtenagentur)

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