Berlin - Die kommunalen Spitzenverbände haben sich gegen Überlegungen ausgesprochen, Fahrgästen in Bussen und Bahnen während der Corona-Pandemie das Telefonieren oder sogar das Reden mit Sitznachbarn zu verbieten, um die Verbreitung von Aerosolen einzuschränken. "Dass Fahrgäste teilweise während der Fahrt über ihr Smartphone Musik hören oder gelegentlich auch telefonieren, stellt aus unserer Sicht bei Einhaltung der Maskenpflicht keine besonders große Gefahr dar", sagte der Hauptgeschäftsführers des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Samstagausgaben).
"Ein gelegentlicher Austausch, zum Beispiel wenn Freunde gemeinsam in der Bahn sitzen, ist kein Vorgang, den man in diesen ohnehin schweren Zeiten auch noch verbieten sollte", so Landsberg. Zudem sei die Durchsetzung eines "Schweigegelübdes" im Nahverkehr realistisch weder umsetzbar noch kontrollierbar. "Hier gilt wie bei allen Maßnahmen: Erfolgreich werden sie nur sein, wenn die Menschen sie einsehen und akzeptieren", sagte er. Auch der Deutsche Städtetag lehnt die Empfehlung ab, bei Fahrten mit Bus und Bahn zu schweigen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte dem RND: "Ich halte es für lebensfremd, wenn Menschen in Bussen und Bahnen schweigen sollen." Die Maskenpflicht im ÖPNV sei wichtig und helfe, vor Corona zu schützen. "Das heißt natürlich, dass beim Sprechen und Telefonieren die Maske nicht abgenommen wird, wie man es gelegentlich sieht. Dabei sollten wir es aber dann auch bewenden lassen." Der Schutz vor Infektionen werde durch das Tragen von medizinischen Masken im ÖPNV und in Geschäften gerade verbessert. "Sich mit Maske zu unterhalten, ist dann völlig in Ordnung." Der Fahrgastverband "Pro Bahn" bewertet die Idee ebenfalls kritisch. "Man kann Fahrgästen das Wort nicht verbieten", sagte der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann dem RND. "Entschuldigung, dürfte ich bitte durch - dieser Satz muss doch erlaubt sein", so Naumann. Fahrgäste müssten auch die Möglichkeit haben, nach der Uhrzeit oder dem nächsten Anschlusszug zu fragen. "Viel problematischer als das Reden durch eine Maske sind überfüllte Waggons weil andere Züge ausfallen", fügte der Fahrgastvertreter hinzu. Der Chef der Münchner Verkehrsgesellschaft, Ingo Wortmann, hatte sich im Deutschlandfunk für die Dauer der Pandemie für eine Schweigegebot im ÖPNV nach spanischem Vorbild ausgesprochen. Wortmann, der auch Vorsitzender des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen ist, sagte, dass auch ein Telefonierverbot ein wenig dabei helfen könne, die Ausbreitung infektiöser Aerosole zu begrenzen. Die Münchner Verkehrsgesellschaft will ihre Fahrgäste nun mit Aufklebern bitten, möglichst nicht zu reden. Auch auf der Balearen-Insel Mallorca sind Fahrgäste in Bussen und Bahnen aufgerufen, entweder gar nichts zu sagen oder sich nur leise zu unterhalten.
Foto: Mann mit Schutzmaske in einer U-Bahn (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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