Paris - Mit Blick auf die historischen EU-Corona-Hilfen hat OECD-Generalsekretär Angel Gurría die Deutschen vor einer Bevormundung anderer Länder gewarnt. "Niemand in Deutschland sollte herablassend auf andere EU-Länder blicken", sagte Gurría der "Welt" (Mittwochausgabe).

Manche EU-Länder seien wohlhabender als andere. "Aber alle wissen selbst am besten, wie sie die Hilfsgelder der EU verwenden können." Die EU hatte sich im Juli auf einen Hilfsfonds in Höhe von 750 Millilarden Euro geeinigt. In diesem Zusammenhang nimmt die EU auch erstmals gemeinsam Schulden am Kapitalmarkt auf. Das meiste Geld aus diesem sogenannten Recovery Fund erhält Italien, weil es am stärksten von der ersten Welle der Coronakrise betroffen war. Kritiker bemängeln, dass der Transfer der Gelder nicht, wie noch etwa bei der Griechenland-Rettung, daran geknüpft ist, dass die Empfängerländer anschließend Sparmaßnahmen und Reformen angehen, um ihren Wohlstand langfristig selbst zu erwirtschaften. "Das ist der komplett falsche Weg, um auf das Problem zu blicken", sagte Gurría. "Die Schaffung des Corona-Fonds ist eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der europäischen Einigung", sagte der OECD-Chef. Europa habe sich zum ersten Mal überhaupt daran gewagt, ein Risiko gemeinsam zu tragen. Die Coronakrise habe die europäische Einigung extrem viel schneller vorangetrieben, als das vor der Pandemie denkbar gewesen sei. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit Sitz in Paris versteht sich als globale Vereinigung der demokratischen Industrieländer. Sie hat im Dezember ihren 60. Geburtstag gefeiert. Der ehemalige mexikanische Außen- und Finanzminister Gurría wird im Mai die OECD-Führung nach 14 Jahren abgeben.

Foto: EU-Fahnen (über dts Nachrichtenagentur)

Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?

Dann unterstütze dts Nachrichtenagentur jetzt direkt: