Wien - In der Debatte um die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 und mögliche Sanktionen gegen Russland wegen der Inhaftierung des Putin-Kritikers Nawalny unterstützt Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Bundesregierung. "Ich begrüße, dass die deutsche Bundesregierung weiter an Nord Stream 2 festhält", sagte Kurz der "Welt am Sonntag".

Nord Stream sei ein "europäisches Projekt", das im Interesse vieler EU-Länder sei. "Ich halte nichts davon, die notwendige Reaktion auf das Vorgehen gegen den Oppositionellen Nawalny mit dem Bau von Nord Stream 2 zu verknüpfen. Wer glaubt, dass die neue Pipeline nur im Interesse Russlands wäre, der irrt", so Österreichs Kanzler. Von dem Projekt würden vielmehr auch Deutschland, Österreich und einige andere europäische Länder profitieren.

"Und man muss aufpassen, dass man sich auf Seiten der EU nicht selbst schwächt, wenn man jetzt gegen Nord Stream 2 vorgeht", so Kurz. Die geplante Pipeline sei insgesamt "ein sehr positives Projekt". Man müsse jedoch auch darauf achten, dass die Interessen der Ukraine gewahrt bleiben. Der ÖVP-Politiker forderte Nawalnys Freilassung und bezeichnete das Urteil gegen ihn als "inakzeptabel".

Bei allen Unterschieden sei aber auch der "Dialog mit Russland" seitens der EU wichtig. Merkel hatte am Freitag nach Gesprächen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron deutlich gemacht, dass sie den Fall Nawalny nicht mit dem Streit über die Gaspipeline Nord Stream 2 verknüpfen will. Sie zeigte sich zwar offen für weitere personenbezogenen Sanktionen gegen Russland. "Die Haltung zu Nord Stream 2 ist davon erst einmal unberührt", hatte sie aber auch gesagt.

Macron pochte auf eine enge Absprache zwischen Deutschland und Frankreich bei Nord Stream 2. "Ich glaube, dass zu diesem Projekt, das fast abgeschlossen ist, nichts ohne eine enge deutsch-französische Koordinierung angekündigt werden kann", sagte er. Die Pipeline zwischen Russland und Deutschland ist fast fertig gebaut. Frankreich steht dem Projekt wie viele andere europäische Staaten kritisch gegenüber. Die USA bekämpfen es mit Sanktionen, weil sie eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen befürchten.

Nawalny war am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er aus Sicht der Richterin mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 verstoßen haben soll.

Foto: Castoro 10 beim Bau von Nord Stream 2 (über dts Nachrichtenagentur)

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