München - Eine massive Veränderung des Lebens erwartet Roland Busch, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, noch in diesem Jahrzehnt. "Wir müssen im Jahr 2030 nicht mehr zu einem Amt gehen, um Ausweise auszustellen, die Verwaltung ist durchdigitalisiert", sagt er der "Süddeutschen Zeitung" (Silvesterausgabe).

Auch die Produktion werde sich wandeln. Die meisten Produkte hätten bald einen sogenannten "digitalen Zwilling", der sich immer wieder aktualisiert, sodass jeder Fehler fern des Produktes erkannt und korrigiert werden könne. Und jeder Entwickler werde auf seinem Bildschirm sehen, welchen CO2-Abdruck sein Modell habe, und er bekomme einen Vorschlag, wie man den reduzieren könne. "Wir werden komplett digitale Netze haben, die die Speicher im Auto und in den Gebäuden so nutzen, dass immer genug Strom da ist, obwohl wir immer mehr davon verbrauchen. Die Kohlekraftwerke werden weitgehend runtergefahren sein."

Es werde immer mehr dunkle Fabriken geben, in denen man das Licht ausschalten könne, weil sie eigenständig arbeiten. Im Jahr 2030 werde es auch 20 Prozent mehr Kapazitäten im Bahnverkehr geben, und trotzdem "werden Züge keine Verspätung mehr haben - eben weil wir die Digitalisierung vorangetriebenen haben werden und wissen, was in den Zügen passiert, bevor sie kaputtgehen." Auch am Bau werde sich vieles ändern: "Wir isolieren doch heute unsere Gebäude zu Tode. Automatisieren würde viel mehr helfen. Da könnte man das Kapital besser einsetzen. 2030 wird es ein Desaster wie Berlins Flughafen BER nicht mehr geben. Denn dann gäbe es einen digitalen Zwilling, an dem alles erprobt wird, und der Flughafen würde fehlerfrei gebaut."

Die Digitalisierung werde aber "sehr, sehr viel Geld kosten", und es müsse "massiv umverteilt werden. Es kann nicht sein, dass die Energiewende vor allem die Leute mit niedrigem Einkommen belastet." Da müsse die Politik reagieren, so Busch. Auf die Frage, ob die fortschreitende Digitalisierung nicht bei Siemens viele Arbeitsplätze kosten werde, sagt Busch: "Ehrlich gesagt, glaube ich gar nicht, dass wir 2030 weniger Mitarbeiter haben werden als heute. Unser Problem wird nicht sein, dass wir Stellen abbauen müssen. Sondern dass wir in einer alternden Gesellschaft überhaupt noch die Mitarbeiter kriegen, die wir brauchen."

Foto: Verspätungs-Anzeige bei der Bahn (über dts Nachrichtenagentur)

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