Berlin - Die Bundesregierung hat die Strafverfolgung gegenüber den Taliban aufgeweicht und sich politischen Spielraum geschafft. Seit dem 1. Dezember können Unterstützer der Terrororganisation nur noch im Einzelfall durch eine Ermächtigung des Justizministeriums verfolgt werden, berichtet die "Welt".
Wie eine Sprecherin der Zeitung mitteilte, sei die "allgemeine Ermächtigung zur Verfolgung von bereits begangenen und künftigen Taten" noch durch die alte Regierung geändert worden. Die nun beschlossene Neuregelung gilt für alle Taten seit der Machtübernahme der Taliban im August. Der Strafrechtler Mark A. Zöller von der LMU München sagte: "Mit der Neufassung schwenkt das Bundesjustizministerium auf dieselbe Linie ein wie bei der PKK: die Mitgliedschaft bei den Taliban würde weiterhin stets nach §129b des Strafgesetzbuchs verfolgt." Aber: Bei einer bloßen Unterstützung entscheide jetzt das Ministerium im Einzelfall - eventuell aus politischen Gründen.
Experten sehen die Gefahr, dass dadurch außenpolitische Interessen wie die Beziehung zu bestimmten Machthabern die Justiz beeinflussen können. Von einer Normalisierung im Umgang mit den Taliban kann laut Bundesregierung noch längst keine Rede sein: Die Taliban sind weiterhin als Terrororganisation eingestuft. Das erschwert Verhandlungen und schränkt die direkte politische Unterstützung ein. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es deutlich, dass man "keine finanziellen Hilfen an die Taliban" zahle.
Deutschland leiste jedoch humanitäre Hilfe über internationale Partnerorganisationen. Auch laut Auskunft des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ruht derzeit die staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan. "Die de-facto-Taliban-Regierung ist weder inklusiv noch ist die Achtung der Menschenrechte im Land gewährleistet." Andrea Lindholz (CSU), Vize-Fraktionsvorsitzende der Union, sagte: "Ich erwarte eine klare Positionierung der neuen Außenministerin zum Umgang mit den Taliban und der Situation in Afghanistan."
Es sei ein Dilemma: Man dürfe die Verbrechen der Taliban nicht relativieren, müsse aber gleichzeitig vor Ort Hilfe leisten und die eigenen Ortskräften weiter unterstützen. Eine schwere Hungersnot werde nur verhindert werden können, "indem man mit den Taliban verhandelt", sagte Lindholz. Bijan Djir-Sarai, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, äußerte sich allgemein: "Meine grundsätzliche Haltung zu den Taliban ist, dass sie keine seriösen Partner sind und nicht sein können." Punktuelle Zusammenarbeit werde es jedoch geben müssen, vor allem im Rahmen humanitärer Maßnahmen.
Foto: Justizministerium (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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