Wiesbaden - Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) war im Jahr 2021 laut ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) um 2,7 Prozent höher als im Jahr 2020. Die konjunkturelle Entwicklung sei auch im letzten Jahr stark abhängig vom Corona-Infektionsgeschehen und den damit einhergehenden Schutzmaßnahmen gewesen, sagte Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamtes, am Freitag in Wiesbaden.
"Trotz der andauernden Pandemiesituation und zunehmender Liefer- und Materialengpässe konnte sich die deutsche Wirtschaft nach dem Einbruch im Vorjahr erholen, wenngleich die Wirtschaftsleistung das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht hat", so Thiel weiter. Im Vergleich zum Jahr 2019, dem Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie, war das BIP 2021 noch immer um 2,0 Prozent niedriger. Im Vergleich zum vorangegangenen Krisenjahr 2020, in dem die Produktion im Zuge der Corona-Pandemie teilweise massiv eingeschränkt worden war, hat sich die Wirtschaftsleistung im Jahr 2021 in fast allen Wirtschaftsbereichen erhöht. Die preisbereinigte Bruttowertschöpfung stieg im Verarbeitenden Gewerbe deutlich um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Auch die meisten Dienstleistungsbereiche verzeichneten gegenüber 2020 merkliche Zuwächse. So nahm die Wirtschaftsleistung der Unternehmensdienstleister, zu denen Forschung und Entwicklung, Rechts- und Steuerberater sowie Ingenieurbüros zählen, um 5,4 Prozent zu. Im zusammengefassten Wirtschaftsbereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe fiel das Wirtschaftswachstum aufgrund der anhaltenden pandemiebedingten Einschränkungen mit einem Plus von 3,0 Prozent etwas verhaltener aus. Lediglich im Baugewerbe, in dem die Corona-Pandemie im Jahr 2020 keine sichtbaren Spuren hinterlassen hatte, ging die Wirtschaftsleistung 2021 gegenüber 2020 leicht um 0,4 Prozent zurück.
Trotz der Zuwächse im Jahr 2021 hat die Wirtschaftsleistung in den meisten Wirtschaftsbereichen noch nicht wieder das Vorkrisenniveau erreicht. So lag die Wirtschaftsleistung im Verarbeitenden Gewerbe 2021 noch 6,0 Prozent unter dem Niveau von 2019. Die sonstigen Dienstleister, zu denen neben Sport, Kultur und Unterhaltung auch die Kreativwirtschaft zählt, waren besonders stark von der anhaltenden Corona-Pandemie beeinträchtigt. Hier lag die preisbereinigte Bruttowertschöpfung 2021 sogar noch 9,9 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
Im Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit wurde der Rückgang der Wirtschaftsleistung aus dem Krisenjahr 2020 im Jahr 2021 nahezu kompensiert. Das Baugewerbe und der Bereich Information und Kommunikation konnten sich in der Pandemie behaupten und ihre Wirtschaftsleistung im Vergleich zu 2019 merklich steigern. Die preisbereinigten privaten Konsumausgaben stabilisierten sich 2021 auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres und sind damit noch weit von ihrem Vorkrisenniveau entfernt. Die Konsumausgaben des Staates waren auch im Jahr 2021 eine Wachstumsstütze der deutschen Wirtschaft.
Sie stiegen trotz des bereits hohen Vorjahresniveaus im zweiten Jahr der Corona-Pandemie preisbereinigt um weitere 3,4 Prozent. Der Staat gab vor allem mehr Geld aus, um die im Frühjahr 2021 flächendeckend eingeführten kostenlosen Antigen-Schnelltests und die Corona-Impfstoffe zu beschaffen sowie Test- und Impfzentren zu betreiben, so das Statistische Bundesamt. Die Bauinvestitionen legten im Jahr 2021 aufgrund von Engpässen bei Arbeitskräften und Material nur noch um 0,5 Prozent zu, nachdem sie zuvor fünf Jahre in Folge stärker gewachsen waren. In Ausrüstungen - das sind vor allem Investitionen in Maschinen und Geräte sowie Fahrzeuge - wurde im Jahr 2021 preisbereinigt 3,2 Prozent mehr investiert, allerdings nach einem starken Rückgang im Krisenjahr 2020.
Der Außenhandel erholte sich 2021 von den starken Rückgängen im Vorjahr. Deutschland exportierte preisbereinigt 9,4 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen ins Ausland als 2020. Die Importe legten gleichzeitig um preisbereinigt 8,6 Prozent zu. Damit lag der Außenhandel Deutschlands 2021 nur noch leicht unter dem Niveau des Jahres 2019.
Die Wirtschaftsleistung wurde im Jahresdurchschnitt 2021 von 44,9 Millionen Erwerbstätigen mit Arbeitsort in Deutschland erbracht: Das waren etwa genauso viele Erwerbstätige wie im Vorjahr. Allerdings arbeiteten viele Erwerbstätige nun in anderen Wirtschaftsbereichen oder anderen Beschäftigungsverhältnissen als zuvor. Beschäftigungsgewinne gab es im Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit (+2,2 Prozent), im Bereich Information und Kommunikation (+2,4 Prozent) sowie im Baugewerbe (+1,2 Prozent). Dagegen kam es im Handel, Verkehr und Gastgewerbe wie schon im Jahr zuvor zu Beschäftigungsverlusten (-1,8 Prozent). Die Zahl geringfügig Beschäftigter und Selbstständiger nahm 2021 weiter ab, während mehr Erwerbstätige sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Die staatlichen Haushalte beendeten das Jahr 2021 laut vorläufiger Berechnungen mit einem Finanzierungsdefizit von 153,9 Milliarden Euro. Das war noch etwas mehr als im Jahr 2020 mit 145,2 Milliarden Euro und das zweithöchste Defizit seit der deutschen Vereinigung. Das Defizit des Bundes stieg beträchtlich und war im Jahr 2021 mit 155,3 Milliarden Euro sogar noch etwas höher als das Defizit des Staates insgesamt.
Dagegen waren die Finanzierungssalden der Länder (-1,6 Milliarden Euro) und der Sozialversicherungen (-0,1 Milliarden Euro) nur leicht im Minus. Die Gemeinden schlossen das Haushaltsjahr sogar mit einem kleinen Überschuss von 3,1 Milliarden Euro ab. Gemessen am nominalen BIP errechnet sich für den Staat im Jahr 2021 eine Defizitquote von 4,3 Prozent.
Foto: Baustelle (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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